Zum Schutz der Nacht – Lichtverschmutzung eindämmen
Intelligent leuchten
Nächtliche Beleuchtung weist uns den Weg, vermittelt ein Sicherheitsgefühl und lässt Gebäude und ganze Städte hell erstrahlen. Das kostet jedoch viel Energie, verstellt den Blick in den Sternenhimmel und gefährdet Ökosysteme. Eine optimierte Lichtplanung kann die Auswirkungen erheblich begrenzen.
Jährlich sechs Prozent mehr Licht
Mit steigender Energieeffizienz der LED-Lampen wird die Außenbeleuchtung immer mehr ausgeweitet, so dass sich der Energieeinsatz für Beleuchtung trotz LED-Technik nicht verringert. Satellitenbilder zeigen in Europa eine jährliche Zunahme der nächtlichen Helligkeit um etwa sechs Prozent, weltweit um etwa drei Prozent.
Kein Durchblick in den Sternenhimmel
Dabei überstrahlt das künstliche Licht nachts vielerorts das natürliche Licht der Sterne und des Mondes und verstellt damit den freien Blick in den nächtlichen Sternenhimmel. Diese so genannte Lichtverschmutzung gefährdet und beeinträchtigt auch den Lebensraum von Insekten, Vögeln, Fledermäusen und Amphibien und auch von Pflanzen.
Zweitwichtigste Ursache für Insektenschwund
Unsere künstliche Beleuchtung bei Nacht verändert die Lebensbedingungen zahlreicher Lebewesen und damit ganze Ökosysteme. Neben der Landwirtschaft wird mittlerweile die Lichtverschmutzung als zweitwichtigster Verursacher des Insektenschwunds ermittelt. Jährlich sterben Milliarden von Insekten an den Folgen unserer Lichtverschmutzung.
Nacht- und dämmerungsaktive Tiere sind besonders gefährdet
60 Prozent aller Insektenarten und 30 Prozent der Wirbeltierarten sind dämmerungs- und nachtaktiv. Nächtliche Lichtquellen, wie Straßenlaternen oder angestrahlte Wände und Werbeflächen, locken nachtaktive Insekten aus dem Dunkeln ins Helle. Im Licht werden sie von anderen Tieren erbeutet, verenden durch völlige Erschöpfung oder finden aus dem Leuchtgehäuse nicht mehr heraus und verbrennen oder verhungern dort.
Fehlende Bestäuber
Diese Insekten fehlen in der Folge milliardenfach als Bestäuber von Pflanzen und als Glieder in der Nahrungskette. Beispielsweise Pflanzenarten, die nur von nachtaktiven Schmetterlingen bestäubt werden, verlieren ihre Bestäuber und damit ihre Samenproduktion und ihren Fortbestand. Anderen nachtaktiven Tieren, beispielsweise Fledermäusen, fehlen sie als Nahrungsgrundlage und gefährden deren Fortbestand.
Fledermäuse verlieren Quartiere
Fledermäuse verlieren auch ihre Sommerquartiere, wenn diese an historischen Gebäuden und Kirchen ausgeleuchtet werden, und ihnen die Dämmerung und Dunkelheit fehlt für ihre nächtliche Beutejagd und Nahrungsaufnahme. Insbesondere die Ausflugsöffnungen der Fledermäuse sollten im Sommer nicht beleuchtet werden.
Desorientierte Vögel
Zugvögel werden durch nächtliches Kunstlicht in ihrem Zugverhalten desorientiert und irregeleitet, wenn unter anderem der Sternenhimmel überstrahlt wird und damit als Kompass ausfällt und exponierte Standorte in den Nachthimmel strahlen. Warnleuchten mit Blitzlicht mit mindestens drei Sekunden Unterbrechung irritieren Zugvögel weniger als rotierende, blinkende oder dauerleuchtende Lampen. Heimische Singvögel werden durch hell erleuchtete Nächte in ihrem Tag-Nacht-Rhythmus gestört und fangen mitten in der Nacht an zu singen.
Amphibien sind äußerst lichtempfindlich
Frösche, Kröten und andere Amphibien sind dämmerungs- und nachtaktiv und leiden, wenn nächtliches Kunstlicht sie blendet.
Bäume werden geschwächt
Auch Pflanzen geraten in ihrem jahrhundertelang an die natürlichen Lichtrhythmen angepassten Lebensrhythmus durcheinander und werden beispielsweise dadurch geschwächt, dass sie später das Laub abwerfen oder vorzeitig austreiben und damit stärker durch Frost gefährdet werden.
Sparsame und intelligente Lichtplanung hilft
Dabei kann schon die Beachtung weniger Grundprinzipien bei der Lichtplanung die Auswirkungen der nächtlichen Beleuchtung massiv reduzieren. Noch besser sind umfassende kommunale Lichtkonzepte, die insbesondere ein sich Überbieten bei den Beleuchtungen verhindern und dafür sorgen, dass sparsam und intelligent nur so lange, so intensiv und dort beleuchtet wird, wo es gebraucht wird.
Warmweißes Licht
Vor allem Licht im kalten bläulichen Spektrum zieht nachtaktive Tiere an. Denn sie orientieren sich normalerweise am weißlichen Licht des Mondes. Die helleren künstlichen Lichtquellen nehmen sie als Mond wahr. Da sich der Winkel vom Insekt zur konkurrierenden helleren künstlichen Lichtquelle viel schneller ändert als der zum Mond, kreisen sie immer näher an das Licht. Deshalb sollte das Lichtspektrum möglichst im warmen/gelblichen Bereich liegen und einen möglichst geringen Ultraviolett- und Blauanteil haben. Um möglichst wenige Arten nachtaktiver Tiere anzulocken, wird außerdem eine Beleuchtung mit möglichst schmalem Spektrum an Farbtemperaturen empfohlen.
Nach unten und in engem Winkel strahlen
Oft strahlt das Licht nicht nur dorthin, wo es gebraucht wird, also beispielsweise auf Straßen, Fahrrad- und Gehwege. Stattdessen erhellt es auch nach oben den Nachthimmel und horizontal oder in weitem Winkel umgebende Naturräume. Eine beschränkte Anzahl abgeschirmter Leuchten mit geschlossenem Gehäuse, zielgerichteter Projektion und Blendschutz schützen die umgebende Flora und Fauna und den Nachthimmel.
Herunterdimmen und abschalten
Auch die Beleuchtungsdauer und Lichtstärke kann auf das gestalterisch und funktional Notwendige reduziert werden. Eine dimmbare LED-Beleuchtungsanlage mit entsprechender Beleuchtungsstärkeregelung oder kostengünstiger Lampen, die das Beleuchtungsniveau nachts gleichmäßig verringern und/oder spät nachts ganz abschalten, sorgen für eine sparsame und dennoch ausreichende Beleuchtung.
Ökologisch sensible Bereiche schützen
Eine gute Lichtplanung nimmt besonders viel Rücksicht auf ökologisch sensible Bereiche wie beispielsweise Wald- und Siedlungsränder, Stadtparks und die Ufer von Gewässern.
Dunkle Naturräume erhalten
Ökologisch unverzichtbar ist, dass Tiere aktiv geschützt werden und natürlich dunkle Naturräume in der Stadt und auf dem Land erhalten bleiben.
Aufenthaltsqualität verbessern
Eine energetisch und umweltverträglich modernisierte Außenbeleuchtung minimiert die Beeinträchtigung der natürlichen Umgebung in der Stadt und auf dem Land und spart zudem Energie und Kosten. Berechnungen zufolge ließen sich damit bis zu einer Million Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid vermeiden. Ein modernes effizientes Lichtmanagement kann auch die Aufenthaltsqualität für die Menschen deutlich verbessern und Naturräume erhalten. So profitieren alle von einer ökologischen Stadtbeleuchtung – das Klima, das Portemonnaie, die Menschen und die Natur. Die wichtigsten Grundsätze
1. Zweckgebunden nur da beleuchten, wo die Helligkeit notwendig ist.
2. Nicht durchgehend beleuchten, nur dann, wenn die Beleuchtung gebraucht wird.
3. Mit dem geringstmöglichen Blauanteil leuchten.
Lichterlass und Bundesnaturschutzgesetz
Im August 2021 hat der Deutsche Bundestag die Lichtverschmutzung als weiteren Grund für das Insektensterben mit in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen. Zurzeit werden entsprechende Verordnungen zum Insektenschutz vor Lichtverschmutzung erarbeitet. Auch der Lichterlass NRW muss dann entsprechend angepasst werden.