Handeln für die Schöpfung
Foto: Karola Wiedemann

Zum Schutz der Nacht – Lichtverschmutzung eindämmen

Intelligent leuchten

Nächtliche Beleuchtung weist uns den Weg, vermittelt ein Sicherheitsgefühl und lässt Gebäude und ganze Städte hell erstrahlen. Das kostet jedoch viel Energie, verstellt den Blick in den Sternenhimmel und gefährdet Ökosysteme. Eine optimierte Lichtplanung kann die Auswirkungen erheblich begrenzen.

Hier erleuchtet auf der Schwäbischen Alb insbesondere die Burg Hohenzollern den Himmel.

Foto: Till Credner

Vier Stunden später hat sich am selben Ort die Lage deutlich verbessert, die Burgbeleuchtung fehlt, auch viele Gemeinden haben ihre öffentliche Beleuchtung ausgeschaltet.

Foto: Till Credner

Jährlich sechs Prozent mehr Licht

Mit steigender Energieeffizienz der LED-Lampen wird die Außenbeleuchtung immer mehr ausgeweitet, so dass sich der Energieeinsatz für Beleuchtung trotz LED-Technik nicht verringert. Satellitenbilder zeigen in Europa eine jährliche Zunahme der nächtlichen Helligkeit um etwa sechs Prozent, weltweit um etwa drei Prozent.

Kein Durchblick in den Sternenhimmel

Dabei überstrahlt das künstliche Licht nachts vielerorts das natürliche Licht der Sterne und des Mondes und verstellt damit den freien Blick in den nächtlichen Sternenhimmel. Diese so genannte Lichtverschmutzung gefährdet und beeinträchtigt auch den Lebensraum von Insekten, Vögeln, Fledermäusen und Amphibien und auch von Pflanzen.

Vielerorts kann man den nächtlichen Sternenhimmel, hier die Milchstraße, aufgrund der Lichtverschmutzung nicht sehen.

Foto: Carsten Przygoda

Zweitwichtigste Ursache für Insektenschwund

Unsere künstliche Beleuchtung bei Nacht verändert die Lebensbedingungen zahlreicher Lebewesen und damit ganze Ökosysteme. Neben der Landwirtschaft wird mittlerweile die Lichtverschmutzung als zweitwichtigster Verursacher des Insektenschwunds ermittelt. Jährlich sterben Milliarden von Insekten an den Folgen unserer Lichtverschmutzung.

Nacht- und dämmerungsaktive Tiere sind besonders gefährdet

60 Prozent aller Insektenarten und 30 Prozent der Wirbeltierarten sind dämmerungs- und nachtaktiv. Nächtliche Lichtquellen, wie Straßenlaternen oder angestrahlte Wände und Werbeflächen, locken nachtaktive Insekten aus dem Dunkeln ins Helle. Im Licht werden sie von anderen Tieren erbeutet, verenden durch völlige Erschöpfung oder finden aus dem Leuchtgehäuse nicht mehr heraus und verbrennen oder verhungern dort.

Fehlende Bestäuber

Diese Insekten fehlen in der Folge milliardenfach als Bestäuber von Pflanzen und als Glieder in der Nahrungskette. Beispielsweise Pflanzenarten, die nur von nachtaktiven Schmetterlingen bestäubt werden, verlieren ihre Bestäuber und damit ihre Samenproduktion und ihren Fortbestand. Anderen nachtaktiven Tieren, beispielsweise Fledermäusen, fehlen sie als Nahrungsgrundlage und gefährden deren Fortbestand.

Fledermäuse verlieren Quartiere

Fledermäuse verlieren auch ihre Sommerquartiere, wenn diese an historischen Gebäuden und Kirchen ausgeleuchtet werden, und ihnen die Dämmerung und Dunkelheit fehlt für ihre nächtliche Beutejagd und Nahrungsaufnahme. Insbesondere die Ausflugsöffnungen der Fledermäuse sollten im Sommer nicht beleuchtet werden.

Desorientierte Vögel

Zugvögel werden durch nächtliches Kunstlicht in ihrem Zugverhalten desorientiert und irregeleitet, wenn unter anderem der Sternenhimmel überstrahlt wird und damit als Kompass ausfällt und exponierte Standorte in den Nachthimmel strahlen. Warnleuchten mit Blitzlicht mit mindestens drei Sekunden Unterbrechung irritieren Zugvögel weniger als rotierende, blinkende oder dauerleuchtende Lampen. Heimische Singvögel werden durch hell erleuchtete Nächte in ihrem Tag-Nacht-Rhythmus gestört und fangen mitten in der Nacht an zu singen.

Amphibien sind äußerst lichtempfindlich

Frösche, Kröten und andere Amphibien sind dämmerungs- und nachtaktiv und leiden, wenn nächtliches Kunstlicht sie blendet.

Bäume werden geschwächt

Auch Pflanzen geraten in ihrem jahrhundertelang an die natürlichen Lichtrhythmen angepassten Lebensrhythmus durcheinander und werden beispielsweise dadurch geschwächt, dass sie später das Laub abwerfen oder vorzeitig austreiben und damit stärker durch Frost gefährdet werden.

Gegenüber den Straßenlaternen sind die Bäume im Dezember noch komplett belaubt, alle anderen sind in der Winterruhe.

Foto: Sabine Frank

Sparsame und intelligente Lichtplanung hilft

Dabei kann schon die Beachtung weniger Grundprinzipien bei der Lichtplanung die Auswirkungen der nächtlichen Beleuchtung massiv reduzieren. Noch besser sind umfassende kommunale Lichtkonzepte, die insbesondere ein sich Überbieten bei den Beleuchtungen verhindern und dafür sorgen, dass sparsam und intelligent nur so lange, so intensiv und dort beleuchtet wird, wo es gebraucht wird.

Warmweißes Licht

Vor allem Licht im kalten bläulichen Spektrum zieht nachtaktive Tiere an. Denn sie orientieren sich normalerweise am weißlichen Licht des Mondes. Die helleren künstlichen Lichtquellen nehmen sie als Mond wahr. Da sich der Winkel vom Insekt zur konkurrierenden helleren künstlichen Lichtquelle viel schneller ändert als der zum Mond, kreisen sie immer näher an das Licht. Deshalb sollte das Lichtspektrum möglichst im warmen/gelblichen Bereich liegen und einen möglichst geringen Ultraviolett- und Blauanteil haben. Um möglichst wenige Arten nachtaktiver Tiere anzulocken, wird außerdem eine Beleuchtung mit möglichst schmalem Spektrum an Farbtemperaturen empfohlen.

Eine kaltweiße Straßenbeleuchtung mit hohem Blauanteil (links) und warmweiße bis bernsteinfarbene Beleuchtung mit geringem Blauanteil (rechts).

Illustrationen: Rainer Stock im Auftrag des „Loss of the Night“ Netzwerks LoNNe (EU-COST-Aktion ES1204) © 2016

Nach unten und in engem Winkel strahlen

Oft strahlt das Licht nicht nur dorthin, wo es gebraucht wird, also beispielsweise auf Straßen, Fahrrad- und Gehwege. Stattdessen erhellt es auch nach oben den Nachthimmel und horizontal oder in weitem Winkel umgebende Naturräume. Eine beschränkte Anzahl abgeschirmter Leuchten mit geschlossenem Gehäuse, zielgerichteter Projektion und Blendschutz schützen die umgebende Flora und Fauna und den Nachthimmel.

Objekte am besten gezielt beleuchten, nicht über die Objektgrenzen hinweg strahlen und nicht mit Bodenstrahler, die in alle Richtungen strahlen (links). Stattdessen möglichst von oben nach unten in einem engen Winkel zum Gebäude anstrahlen (rechts)

Illustrationen: Catherine Perez Vega

Kugelleuchte, ohne Begrenzung des nach oben gerichteten Lichts (links) und abgeschirmte Straßenleuchte, die nur den Gehweg beleuchtet, ohne Abstrahlung auf Wohnräume oder Habitate (rechts).

Illustrationen: Rainer Stock im Auftrag des „Loss of the Night“ Netzwerks LoNNe (EU-COST-Aktion ES1204) © 2016

Herunterdimmen und abschalten

Auch die Beleuchtungsdauer und Lichtstärke kann auf das gestalterisch und funktional Notwendige reduziert werden. Eine dimmbare LED-Beleuchtungsanlage mit entsprechender Beleuchtungsstärkeregelung oder kostengünstiger Lampen, die das Beleuchtungsniveau nachts gleichmäßig verringern und/oder spät nachts ganz abschalten, sorgen für eine sparsame und dennoch ausreichende Beleuchtung.

Bei der Objektbeleuchtung kann man viel falsch machen, ….

Grafik: Carsten Przygoda

… aber auch viel richtig anlegen.

Grafik: Carsten Przygoda

Bei der Straßenbeleuchtung kann man mit Kofferleuchten viel falsch machen, …

Grafik: Carsten Przygoda

… ebenso mit Pilzleuchten.

Grafik: Carsten Przygoda

Man kann aber auch viel richtig machen.

Grafik: Carsten Przygoda

Auch auf Parkplätzen und Co. kann man viel falsch machen, …

Grafik: Carsten Przygoda

… aber auch viel richtig, ohne die Nutzung zu beeinträchtigen.

Grafik: Carsten Przygoda

Ökologisch sensible Bereiche schützen

Eine gute Lichtplanung nimmt besonders viel Rücksicht auf ökologisch sensible Bereiche wie beispielsweise Wald- und Siedlungsränder, Stadtparks und die Ufer von Gewässern.

Dunkle Naturräume erhalten

Ökologisch unverzichtbar ist, dass Tiere aktiv geschützt werden und natürlich dunkle Naturräume in der Stadt und auf dem Land erhalten bleiben.

Aufenthaltsqualität verbessern

Eine energetisch und umweltverträglich modernisierte Außenbeleuchtung minimiert die Beeinträchtigung der natürlichen Umgebung in der Stadt und auf dem Land und spart zudem Energie und Kosten. Berechnungen zufolge ließen sich damit bis zu einer Million Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid vermeiden. Ein modernes effizientes Lichtmanagement kann auch die Aufenthaltsqualität für die Menschen deutlich verbessern und Naturräume erhalten. So profitieren alle von einer ökologischen Stadtbeleuchtung – das Klima, das Portemonnaie, die Menschen und die Natur. Die wichtigsten Grundsätze

1. Zweckgebunden nur da beleuchten, wo die Helligkeit notwendig ist.

2. Nicht durchgehend beleuchten, nur dann, wenn die Beleuchtung gebraucht wird. 

3. Mit dem geringstmöglichen Blauanteil leuchten.

Schritt für Schritt zur optimalen Außenbeleuchtung

Grafik: Carsten Przygoda

Grafik: Carsten Przygoda

Lichterlass und Bundesnaturschutzgesetz

Im August 2021 hat der Deutsche Bundestag die Lichtverschmutzung als weiteren Grund für das Insektensterben mit in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen. Zurzeit werden entsprechende Verordnungen zum Insektenschutz vor Lichtverschmutzung erarbeitet. Auch der Lichterlass NRW muss dann entsprechend angepasst werden.

Lesen Sie zu diesem Thema auch Gefährdete Vögel, Insekten, Kirchhöfe und Wege.

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